Andere Menschen loslassen?
Ab und zu lese ich im Internet solche Tipps zum Thema “Loslassen“. Und manchmal bekommt man den Ratschlag, Freunde und Bekannte, “die mit der Zeit nur nerven”, loszulassen. Auch von Bekannten habe ich schon davon gehört, dass sie alle Menschen, die sie anstrengend finden, loslassen wollen.
Schon damals, als dieser Gedanke in einer kleinen Runde geäußert wurde, verursachte diese Idee bei mir Unbehagen und irritierte mich.
Sollten wir uns wirklich nur noch mit lieben Menschen zusammen in Watte packen?
Sollen wir uns tatsächlich nur mit unproblematischen, netten, freundlichen Menschen umgeben? Uns abschotten von allen, die für uns eine Herausforderung darstellen? Mir kommt es so vor, als wollten wir uns mit diesem Gedanken in Watte packen und unsere eigene, kleine, „sonnige“ Welt konstruieren. Ist das so falsch? Oder warum beschleicht mich bei diesem Gedanken ein so unangenehmes Gefühl?
Erinnerung an Menschen, die für mich ein kleines bisschen “Engel” waren
Ich tauche ein in meine Vergangenheit. Wie oft gab es hier Menschen, die bei mir ein kleines bisschen „Engel“ gespielt haben. Ich war, wenn ich zurückblicke, kein einfaches Kind, kein einfacher Jugendlicher. Manche Menschen in meiner Vergangenheit tauchten nur kurz auf, zeigten mir durch ihr Verhalten etwas ungewöhnliches, was aus meinem Raster fiel und verschwanden so schnell, wie sie gekommen waren.
Und dann gibt es Freunde und Freundinnen, die mich schon mein Leben lang begleiten und unterstützen – auch und gerade in Zeiten, wo mein Verhalten für sie vielleicht auch mal unangenehm oder anstrengend war. Ja, wo sie sich bestimmt auch mal überwinden mussten und sie vielleicht in dieser Zeit lieber etwas anderes getan hätten. Wie dankbar bin ich heute für diese „Engel“ in Menschenform – für die, die nur kurz in mein Leben traten, und für die, die mich längere Zeit begleiten haben!
Wie wäre es denn gewesen, wenn diese Menschen nach dem Motto gehandelt hätten: „Ich lasse alle problematischen Beziehungen los.“ Hätte ich den Weg beschreiten können, auf den sie mich geführt haben? Wäre dies wirklich der Weg der Liebe gewesen?
Auf die eigenen Ressourcen achten
Natürlich kommt es auf die eigenen Ressourcen an, wie viel man zu einem bestimmten Zeitpunkt anderen Menschen an Zeit, Zuneigung, Zuhören, Mitgefühl, Geduld etc. geben kann. Doch diese generelle Aussage, „störende“ Menschen loszulassen, lässt diese Menschen allein. Man richtet sich selber warm ein und übersieht die liebende Verantwortung, die wir gegenüber anderen Menschen haben.
Sollte es nicht so sein, dass wir einer Art „Fügung“ unterliegen? Dass es einen Sinn hat, wenn uns unterschiedliche Menschen auf unserem Lebensweg begegnen? Und welche Verantwortung ist es, die wir mit dem „Loslassen“ in diesem Fall beiseite schieben?
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